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Gesundheit und Diskriminierung von trans Personen in China (Scoping Review)

Trans Personen sind in China deutlich häufiger von Diskriminierung, Vereinsamung und daraus folgend von Depression und Freitod-Gedanken betroffen. Wertvorstellungen der Gesellschaft werden vor allem Frauen in Transition (also “Mann zu Frau”) zum Verhängnis. Sie erkranken wesentlich häufiger an Depression, Angststörungen und Suizid-Wunsch bis hin zum vollzogenen Suizid. Krankenkassen beteiligen sich in China nicht an den Kosten einer medizinischen Versorgung.

  • Weiterbildung für medizinisches Fachpersonal (Ausbildungsoffensive)
  • mehr Selbsthilfegruppen/Beratungsangebot “in der Fläche”
  • Zugang Betroffener zu Informationen, um behandelnde Arzt kurz/fundiert zu informieren
  • Forschung in China gesellschaftlich und wissenschaftlich ausweiten
  • Diskriminierung von trans Personen in China in der Politik und in den dortigen Medien zum Thema machen.


Lin Y et al, Lancet Public Health 2021; 6: e954–69
Das Paper ist ein Scoping-Review, welches Ursachen, Wirkung und mögliche Lösungsansätze thematisiert.

Die Situation von Menschen mit Geschlechtsinkongruenz in China ist schwierig. Gemäss dieser Übersichtsarbeit sind diverse Umstände dafür verantwortlich:

  • Traditionelle chinesische Wertvorstellungen in Familie und Gesellschaft sehen Geschlechtsvarianten nicht vor.
  • Es bestehen kaum Anti-Diskriminierungs-Regeln in den Schulen und anderen sozialen Settings.
  • Änderung von Vornamen und Personenstand sind nur nach geschlechtsangleichender Operation möglich.
  • Die meisten Kosten für geschlechtsangleichende Massnahmen werden durch das Gesundheitssystem nicht vergütet.
  • Dies führt zur Inanspruchnahme von Leistungen im illegalen Bereich und gesundheitsgefährdenden Selbstmassnahmen.

In Anbetracht dieser Umstände hat die Studie die bestehende Literatur zur psychischen Gesundheit dieser Menschen untersucht. Die Zahl an depressiv Erkrankten liegt in dieser Population zwischen 32 – 54.5 %, diejenige mit Angststörungen bei 28.5-51 %. Dabei sind trans Frauen im Vergleich mit anderen geschlechtsinkongruenten Personen am häufigsten betroffen. Gelegentliche Geschlechtspartner, Diskriminierung durch Freunde und Fehlen von sozialem Support sind häufige prädiktive Faktoren. Auch Suizide sind häufig. 11.1 – 25.7 % der Personen unternahmen einen Suizidversuch und bei 12.7-50% lagen ernsthafte Suizidgedanken vor. Suizidalität war bei geschlechtsinkongruenten Jugendlichen deutlich höher als bei gleichaltrigen Cis-Personen und bei Transfrauen höher als bei Transmännern. Prädisponierende Faktoren waren Grundschulabschluss, Heirat, Scheidung oder Trennung, starke Konflikte mit den Eltern, und Gewalterfahrung.
Ein weiteres häufiges Problem ist ausgeprägter psychologischer Stress und posttraumatisches Stresssyndrom. Ersteres wurde von 43.6 % der Transfrauen und letzteres von 24 % berichtet. Über 27% von geschlechtsvarianten Personen wurden Opfer von Diskriminierung oder Gewalt im öffentlichen Raum und über 50% wurden beleidigt oder gemobbt in der Kindheit. Besonders hoch ist auch hier die die Rate von psychischer oder physischer Gewalterfahrung bei Transfrauen mit 59.1 %.
Es werden auch schützende Faktoren erwähnt.

  • Dies sind vor allem sozialer Support (auch online),
  • Gebrauch von Weibo (chinesische Version von Twitter),
  • Resilienz und
  • Unterstützung durch Peers.

Als wichtige Massnahme zur Verbesserung der Situation wird sodann vorgeschlagen, adaptierte Richtlinien zur medizinischen und psychologischen Betreuung von geschlechtsinkongruenten Personen zu erstellen und eine Sensibilisierungs- und Ausbildungsoffensive für alle beteiligten Spezialisten im Gesundheitswesen zu starten.


Autorin: Michelle Egloff


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  • Zuletzt geändert: 2024/03/13 15:19
  • von c.haupt